初期のウイルス研究の歴史について

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DIE DEKONSTRUKTION DES BAKTERIOLOGISCHEN PARADIGMAS DER FRÜHEREN VIRUSFORSCHUNG IM ERGEBNIS DER VERFAHRENSENTWICKLUNG

Die filtrierbaren, invisiblen Agenzien veranlaßten nicht sogleich die Ausarbeitung einer neuen Theorie zu deren Verständnis. Zunächst war das Bemühen vorherrschend, die neue Erscheinung dem überkommenen Erklärungsmuster der Bakteriologie anzugleichen. Noch in den 30er Jahren waren die meisten Virusforscher nicht geneigt, Viren eine biologische Eigenart zuzubilligen. Ihnen schien sich von Untersuchungen bakteriologischer Art ein kontinuierlicher, bruchloser Übergang zur Virusforschung und umgekehrt herstellen zu lassen. Virusforschung wurde gleichsam als „Bakteriologie ohne Mikroskop“ betrieben bzw. die Trennlinie zwischen beiden Bereichen schien sich nur aus den physikalischen Grenzen des Mikroskops zu ergeben. [50] In den filtrierbaren Agenzien sah man zumeist so etwas wie „Minimalbakterien“, „Mikrobakterien“ oder „Ultramikroben“ (Schuurman 1927: 136 ff.; Levinthal 1930), wenngleich sie sich nicht ohne Schwierigkeiten wie gewöhnliche Bakterien behandeln ließen. Doch glaubte man, daß die Schwierigkeiten irgendwann bewältigt werden könnten. Es ließ sich ja voraussehen, daß das Virus eines Tages mit verbesserten Mikroskopen oder Färbemethoden sichtbar gemacht und mit feineren Filtern aus Flüssigkeiten separiert werden kann. Überdies ließen sich Beobachtungen anführen, denenzufolge bei bestimmten Viruskrankheiten Ähnlichkeiten zwischen filtrierbaren  Agenzien  und  kleinsten  Bakterien  zu  bestehen  schienen.  Die  kleinen  Körperchen verschiedener Viren - der Vakzine, des Mäuse- und des Kanarienvirus - zeigten, so Burnet und Andrewes unter Verweis auf Fotografien (1933: 166), eine Struktur und womöglich sogar einen Vermehrungsmodus, „der im wesentlichen dem bei gewöhnlichen Bakterien gefundenen ähnlich ist.” Bei Vakzinen würden die Partikel ferner eine charakteristische, lösliche Substanz abgeben, die in vielen Beziehungen den von Bakterien abgesonderten analog sei.

Ebenso herrschte die Überzeugung vor, daß sich irgendwann auch die filtrierbaren Agenzien auf inaktiven Nährböden würden züchten lassen. Und es traten auch immer wieder Forscher mit der Behauptung auf, sie hätten Virus auf zellfreien Nährböden kultiviert (siehe Eagles und McClean 1931, die den Vakzinevirus in solchen Medien gezüchtet haben wollten; siehe auch Eagles 1935). Berichte solcherart ließen sich aber von anderen Virusforschern nicht bestätigen (langwierige Nachprüfungsversuche zur Züchtung des Vakzinevirus auf künstlichen Nährböden wurden u.a. von Haagen 1933 und von Rivers und Ward 1933 angestellt). Daß Erfolge in dieser Hinsicht noch nicht eingetreten waren, wurde so gedeutet, daß man noch nicht auf geeignete Böden gestoßen sei bzw. daß die Kenntnisse von der Physiologie und dem Stoffwechsel der Zelle noch nicht ausreichten, um jene Milieubedingungen künstlich zu schaffen, die zum Wachstum und zur Vermehrung von Viren nötig seien (siehe Burnet/Andrewes 1933: 162). Nach geeigneten Böden wurde bis zu den frühen 30er Jahren weiter unverdrossen gefahndet. [51] Die aufkommende These, daß das Virus nur in Gegenwart lebender Zellen außerhalb des Tieroder Pflanzenkörpers zur Vermehrung gebracht werden könne, die Annahme eines „obligate intracellular parasitism” als des wesentlichen Virusmerkmals, wohingegen Filtrierbarkeit und Invisibilität nicht mehr als ausschlaggebende Charakteristika gelten sollten - , stachelte sogleich zu entschiedenem Widerspruch an (siehe Gildemeister 1939a: 9). Nur wenige vermuteten in der Präsenz von Zellen eine Bedingung der Virusreplikation. Nicht-Kultivierbarkeit war seinerzeit ein durchaus anfechtbares Kriterium zur Abgrenzung der Klasse der filtrierbaren Viren von anderen „Mikroben“, solange nicht entscheidbar war, ob sie durch wesentliche Merkmale des Virusstoffwechsels oder nur durch ungeeignete Züchtungstechnik bedingt ist. Die Annahme, daß es sich hierbei lediglich um ein zeitweiliges Problem handle, wurde dadurch gestützt, daß man auf bestimmte Bakterien verweisen konnte, die sich auf künstlichen Nährboden erst dann ver mehren ließen, wenn man der Nährsubstanz ein bestimmtes Substrat als Wachstumsfaktor (zum Beispiel Hämoglobin) hinzufügte. [52] Analog dazu, daß es Bakterien gab, die zum Wachstum besonderer Medien bedurften, schien es im Falle des Virus nur darum zu gehen, das richtige Substrat zu entdecken, das eine in vitro-Kultur des Agens erlaubte. Es gab keinen Grund für die Annahme, daß das Vermögen eines Bakteriums, sich in künstlichen Medien zu vermehren, von dessen Größe abhängig sein könnte, warum sollten also für den Mißerfolg, nach bewährter Art auch die als Ultramikroben verstandenen Viren zu züchten, tiefere Gründe als nur technische Unzulänglichkeiten verantwortlich sein (siehe M‘Fadyan 1908: 240 f.), zumal es ja auch filtrierbare Agenzien gab, bei denen dies schon gelungen zu sein schien, Agenzien, die seinerzeit noch den Viren zugerechnet wurden (siehe Ruska 1950b: 6).  So rechnete man den Erreger der Pleuropneumonie der Rinder, der 1898 von Roux, Nocard et al. in der Gestalt von winzigen, fransigen und beweglichen Punkten von äußerster Dünne beschrieben worden war, zu den wenigen Virusarten, die auf leblosen Nährböden gezüchtet werden könnten (siehe Roux/Nocard et al. 1898: 244; Haagen 1939: 176; Barnard 1939: 8), ebenso den Erreger der Agalaktie. [53]  Sie ließen es als möglich erscheinen, daß mit weiteren Erkenntnissen der Physiologie und des Stoffwechsels der Zelle, also bei einem intimeren Vertrautsein mit den physikalisch-chemischen Vorgängen innerhalb der lebenden Zelle, die Milieubedingungen künstlich geschaffen werden könnten, die zum Wachstum und zur Vermehrung von Viren erforderlich sind.

Mit der Vervollkommnung der Filtrationstechnik (insbesondere mit graduierten Membranfiltern) gelang schließlich die Separierung des infizierenden Agens aus Flüssigkeiten. Es wurden Filtertypen mit standardisierten Porengrößen entwickelt, so daß sich die Größe verschiedener Virusarten - je nachdem, ob die Poren passiert wurden oder nicht - vergleichend messen ließen.[54] Doch  mit diesen Verbesserungen wurde auch sichtbar, daß die Filtrierbarkeit eines Erregers weitgehend von Filtertyp und Filtrierungsbedingungen (zum Beispiel Druck, Zeitdauer) abhängig ist, nicht allein von Größe und Oberfläche des Virus. Auch Kollodiummembranen konnten nicht einfach als Siebe gesehen werden, die solche Teilchen zurückhalten würden, deren Durchmesser größer ist als ihre Porengröße. Bereits 1908 war von Prowazek die nach seiner Einschätzung schon zu einem Dogma verhärtete Vorstellung, man könne auf der Grundlage von Filtrationsversuchen zu Einsichten in die Natur des Virus gelangen, nachdrücklich zurückgewiesen  worden,  weil  jeder  Filter  von  besonderen  Fluktuationen  im  Verhältnis  zu  dessen Steifheit abhängig sei (1908: 166). Zu Problemen der Virenfiltration hatte wenige Jahre später auch Doerr anläßlich eines Treffens von Mikrobiologen in Dresden kritisch Stellung genommen und war auf die Natur des Mediums (die Natur der zur Aufschwemmung benutzten Flüssigkeit), die Kräfte der molekularen Attraktion, auf Kapillarität, Dauer und Druck der Filtration eingegangen (1911). Mit der weiteren Verfeinerung der Filtrationstechniken wurde die Verfahrensabhängigkeit der gewonnenen Fakten immer offenkundiger. „Unüberwindbar werden die Schwierigkeiten, wenn die Impferfolge mit den Filtraten ganz unsicher und schwankend ausfallen, wie bei der Grippe... Alle Filter ... folgen physikalisch dem Poiseuilleschen Gesetz der Filtration durch Capillaren, deren durchschnittliche Weite damit bestimmt ist... Die Zurückhaltung der Erreger geschieht durch Oberflächenadsorption, teils durch wirkliche Verstopfung der ,Engpässe‘...Die  Forderung  der  ,Isoporosität‘  bleibt  praktisch  meist  ein  frommer  Wunsch“ (Schmidt 1935: 1661). Überdies ergaben sich schon deshalb Schwierigkeiten, Viren nach Maßgabe der Filtrierbarkeit von anderen Agenzien abzugrenzen, weil man auf einige Erreger gestoßen war, die Ultra-Filter passieren konnten, aber zu den Bakterien gerechnet werden mußten (wie zum Beispiel der Pfeiffersche Influenzabacillus), während sich zugleich bei einigen („größeren“) Viren herausstellte, daß diese Filter für sie undurchlässig waren. Diese Schwierigkeiten waren durch die Konstruktion neuer Filter (Membranfilter aus Kollodium und anderem Material) und die ungefähre Bestimmung ihrer „wirksamen Porengröße“ nicht aus der Welt zu schaffen.

Und so, wie die Eigenschaft der Filtrierbarkeit als Kriterium an Wert für die Beurteilung der Virusnatur in dem Maße verlor, wie sich mit der Technikverbesserung Schwierigkeiten einstellten, die empirischen Ergebnisse von der Art der Beobachtungsbedingungen zu separieren, erwies sich auch die Eigenschaft der Invisiblität mit der Vervollkommnung von Techniken als nicht zuverlässig für die Identifikation von infektiösen Agenzien als Viren, wie weiter unten verdeutlicht wird.

Ursprünglich war weithin angenommen worden, daß sich die biologische Einheitlichkeit der Viren aus ihrer dimensionalen Zusammengehörigkeit würde herleiten lassen. Noch in Texten der späten 30er Jahre stößt man mitunter auf Sätze, die einen Zusammenhang zwischen Größenunterschieden der Agenzien und der biologischen Eigenart derselben zum Ausdruck bringen.  So  behauptete  beispielsweise  Haagen  in  einem  1937  veröffentlichten  Aufsatz:  „Die dimensionale Begrenztheit nach oben stellt gleichzeitig eine biologische Trennung der Viruse von den übrigen Mikroorganismen dar, insofern als die Rickettsien sich schon in ihren kulturellen Ansprüchen deutlich von den ersteren unterscheiden“ (1937: 465). [55] Jedoch war man schon auf einige („kleine“) Bakterien gestoßen, die kaum sichtbar gemacht werden konnten, wohingegen es infektiöse Filtrate („große“ Viren) gab, die sich lichtmikroskopisch beobachten ließen.

Bei gewissen Krankheiten, bei denen filtrierbare Viren involviert zu sein schienen, enthüllte das Mikroskop die Existenz sogenannter „Einschlußkörper“. Borrel berichtete 1904 über das Vorkommen kleinster kopuskulärer Elemente bei Schafpocken und Geflügelpocken, die er als Erreger  dieser  Krankheiten  betrachtete.  Ähnliche  Beobachtungsresultate  wurden  von  Paschen (1906) mitgeteilt, der menschliches Pockenmaterial untersucht hatte,  was die Annahme zuließ, daß wenigstens einige Viren mit gewöhnlicher mikroskopischer Technik sichtbar gemacht werden könnten. Dieser Entdeckung schloß sich zugleich eine lebhafte Suche nach morphologischen  Elementen an. Solcherart Befunde wurden beispielsweise bei einer Viruskrankheit der Kanarienvögel  (siehe  Burnet  1933),  bei  Molluscum  contagiosum [56]  (Goodpasture/Woodruff 1931), bei Psittacosis (Levinthal 1930) und bei Ectromelia, einer Viruserkrankung der Maus (Barnard/Elford 1931: 530), aufgedeckt.  Zur Benennung solcher Elemente führte von Prowazek (1911) den auch heute noch üblichen Ausdruck „Elementarkörperchen“ ein.  Lipschütz plädierte 1930 dafür, sie „Chlamydozoen“ und „Strongyloplasmen“ zu nennen. Dieser Vorschlag setzte sich aber nicht durch. Die „Elementarkörperchen“ gaben den Anstoß für eine mehrjährige Debatte, in der darum gestritten wurde, ob diese Körper mit den wirklichen Erregern identisch seien. Einige Forscher vermuteten, daß es sich bei den verschiedenen Zelleinschlüssen um nichts anderes als besondere morphologische Virusformen handelte, die auf diese Weise ihrem intrazellulären Vermehrungsbedürfnis entsprächen. Die Viruspartikel griffen die Zelle an, verletzten sie, und im Ergebnis würden aus dem Zellenmaterial Einschlüsse gebildet. Andere Forscher  sahen  darin  nur  einen  zellulären  Reaktionsstoff.  Die    Partikel  würden  die  Zelle durchdringen, die mit der Bildung eines plastischen Materials reagierte, das sich um das Virus zusammenschlösse und es partiell oder gänzlich ummantelte. Später verbreitete sich im Ergebnis moderner färberischer Differenzierbarkeit und der Gewebezüchtung die Auffassung, daß Virus und Zellveränderungen (Einschlußkörperchen) streng voneinander zu trennen seien (siehe Haagen 1937: 468).

Durch die Fortentwicklung optischer Apparate, die Verwendung ultravioletten Lichtes [57] und spezieller Färbeverfahren wurde die Sichtbarkeit von Virusarten weiter verbessert. In den 20er und 30er Jahren wurden neue Techniken wie zum Beispiel Dunkelfeldbeleuchtung und UV-Mikroskopie zugänglich. Viruspartikel konnte man indirekt dadurch sichtbar machen, daß man im Dunkelfeld des Mikroskops arbeitet, das heißt, die indirekte Beleuchtungsmöglichkeit zur Reflexion der seitlich auftreffenden Lichtstrahlen ausnutzt. Es konnte eine Menge stärker lichtbrechender  Partikel  in  einer  schwächer  lichtbrechenden  Grundmasse  ausgemacht  werden.  So ließen sich Objekte als helle Lichtpunkte oder -flecken wahrnehmen. Auch der Gebrauch der UV-Mikrophotographie machte kleinere Teilchen eher sichtbar, als dies mit normalen lichtmikroskopischen Techniken möglich war, weil die Auflösung eines Mikroskops von der Wellenlänge des Lichts abhängig ist. [58] Doch mit diesen Mitteln konnte die Größe der Partikel nur indirekt erschlossen werden. Infolge des erhöhten Auflösungsvermögens machten sich Verunreinigungen in den Kulturen viel störender bemerkbar als bei Aufnahmen im gewöhnlichen Licht.  Irgendeine  andere  morphologische  Kontrolle  war  ja  wegen  der  „Ultravisibilität“  des Agens gar nicht durchführbar, so daß sich nicht mit Sicherheit entscheiden ließ, ob das Gesehene der Erreger oder eine Verunreinigung war. Die Behauptung beispielsweise, daß die tiefschwarzen Gebilde, die sich auf der mit UV-Strahlen erhaltenen Photographie des aus dem infektiösen Materials der Maul- und Klauenseuche gewonnenen Filtrats entdecken ließen, die Erreger seien (siehe Frosch/Dahmen 1924 und Frosch 1924; Hinweis aus: Pfeiler/Simons 1925: 255, 256) und nicht die hellen Gebilde auf der Platte, war nicht zweifelsfrei nachvollziehbar. „Die  stark  gesteigerte  Auflösungsfähigkeit  kann”,  so  Pfeiler  und  Simons  (ebenda),  „so  erwünscht sie auch dem Morphologen sein mag, der ätiologischen Erforschung filtrierbarer Virusarten unter Umständen verhängnisvoll werden ... Es ist nämlich bei dem heutigen Stande der bakteriologischen Kulturtechnik völlig unmöglich, Reinkulturen herzustellen, die außer dem Erreger in ihrem Medium keine anderen  an der Kolloidgrenze stehenden Partikel enthalten, geschweige denn ,optisch leer’ sind; vielmehr sind in solchen Kulturen unvermeidbar mehr oder weniger große Staub- und Nährbodenteilchen enthalten, möglicherweise auch noch andere lebende filtrierbare Mikroorganismen.” Es konnte ferner nicht ausgeschlossen werden, daß sich die Mikroorganismen durch die chemischen Wirkungen der ultravioletten Strahlen morphologisch verändern, daß sie während der Aufnahme weitgehend geschädigt oder abgetötet werden.

Zweibaum hatte in den frühen 30er Jahren mit Hilfe dieser Techniken bei der Untersuchung von Rous-Sarkomzellen etwas ganz anderes gesehen, als Barnard 1925 gesehen haben wollte (siehe weiter oben), nämlich reichliche Mengen an Fädchen, in denen kleinste, runde Granula eingelagert waren und die färberisch dargestellt und bei der Osmierung geschwärzt werden konnten. [59] Die Fädchen nahm er als bestimmte Zellorganellen wahr (Zellstrukturen, die in der Zelle bestimmte Funktionen erfüllen), und zwar als Mitochondrien (meist stäbchenförmige Organellen, die in allen eukaryotischen Zellen vorkommen, sich durch Teilung vermehren und eigenes genetisches Material besitzen und die Stoffumwandlungen und Formbildungsprozesse durchführen).[60] Die Zellorganellen würden, wie er berichtete, bei der Betrachtung im Dunkelfeld infolge  der  Einwirkung  des  Lichtes  sehr  bald  in  einzelne,  kleinste,  aufleuchtende  Granula zerfallen und ließen sich nach diesem Zerfall von den Rous-Agenskörperchen optisch überhaupt nicht unterscheiden, was dafür spräche, daß die fädchenförmigen Elemente und besagte Körperchen bezüglich ihres chemischen Aufbaues und wohl auch in genetischer Beziehung sehr nahe verwandt oder identisch sein dürften (Zweibaum, 1933: 359). Bei einigen seiner Abbildungen könne man den Eindruck gewinnen, als ob die fädchenförmigen Mitochondrien aus diesen kleinen Granula durch Aneinanderreihung der letzteren hervorgingen. Nach Zweibaum sollen die Mitochondrien der Rous-Sarkomzellen gegenüber denjenigen der homologen Normalzellen Unterschiede aufweisen, was sich in ihrem färberischen Verhalten (Verhalten gegenüber  Vitalfarbstoffen)  und  ihrem  raschen  Zerfall  in  kleine  Einzelgranula  schon  unter  der Lichteinwirkung bei Dunkelfeldbeobachtung kundtut. Auch Amies fand in der auf gleiche Weise  wie  das  Rous-Agens  (hochtouriges  Zentrifugieren)  gewonnenen  Fraktion  aus  normalem Hühnergewebe (Leukozyten, Milzgewebe) kleinste Körperchen, die von den Rous-Agenskörperchen weder im Dunkelfeld noch bezüglich ihres färberischen Verhaltens unterscheidbar waren (Amies, a.a.O., S.141; siehe auch Graffi, a.a.O., 520).

Die bei der Dunkelfeldbeleuchtung entstehenden Beugungsbilder ermöglichten nicht, die Größe der sie hervorrufenden Partikel direkt zu bestimmen. Zur Feststellung der wirklichen Größe der Viruspartikel konnte auch die Betrachtung im gefärbten Präparat keine genauen Werte liefern. Man wußte, daß zum Beispiel  in einem Giemsa-gefärbten Ausstrich die Infektionserreger einen viel größeren Durchmesser zu haben scheinen als im ungefärbten Präparat. Die umgebende Farbhülle bringt die Erreger ja erst in den Sichtbarkeitsbereich des Lichtmikroskops. So konnte aus einem gefärbten Präparat lediglich gefolgert werden, daß die Größenordnung der Partikel kleiner ist als die, die das gefärbte Präparat vorgibt.

Dadurch, daß 1939 ein unmittelbar sichtbarer Nachweis von Viren mit Hilfe der Elektronenmikroskopie gelungen war (Kausche, Pfankuch, Ruska 1939)[61], bei der an Stelle von Lichtstrahlen  sehr  schnelle  Elektronenstrahlen  treten,  hörten  keinesfalls  die  Schwierigkeiten  bei  der Bestimmung der Natur des Virus auf.  Schon bei den ersten Versuchen, biologische Objekte elektronenmikroskopisch abzubilden, wurden Schädigungen beobachtet. Und es wurden Veränderungen der Objekte beschrieben. Dies hatte bei vielen Biologen eine starke Skepsis gegenüber Ergebnissen des „Übermikroskops“ ausgelöst. Und so hatten Ruska et al. auch Gründe, sich bei der Präsentation ihrer „übermikroskopischen“ Aufnahmen vorsorglich mit dem möglichen Einwand auseinanderzusetzen, „daß unsere neu gefundenen Strukturen Kunstprodukte wären, die durch das Vakuum oder die Elektronenstrahlen zustande kämen. Insbesondere liegt ein solcher Einwand nahe, wenn bislang nicht bekannte Hüllen oder Kapseln an den Bakterien erscheinen“ (von Borries/Ruska/Ruska 1938: 923 f.). Für die Untersuchung biologischer Objekte mit Durchstrahlung stellten sich folgende Schwierigkeiten ein: „1. Das Präparat muß sich im hohen Vakuum befinden; das schließt die Untersuchung von Lebensvorgängen von vorneherein aus. 2. Das Präparat wird bei der starken Durchstrahlung leicht zu hoch erhitzt und durch die Strahlen zerstört. 3. Nach dem Durchgang durch das Objekt haben die Elektronen je nach der durchstrahlten Schichtdicke oder Präparatdichte verschieden große Geschwindigkeitsverluste erlitten. Elektronenstrahlen verschiedener Geschwindigkeit verhalten sich aber ähnlich wie Lichtstrahlen verschiedener Farbe in der Optik. Sie werden durch die Linse verschieden stark abgelenkt, so daß der chromatische Fehler der Linse eine gute Abbildung verhindert“ (Rüchardt 1938: 1836).

Der Einsatz der Elektronenmikroskopie schien das Bild von der Virusnatur eher zu trüben als zu schärfen. Die Resultate, die mit dem neuen Verfahren gewonnen wurden, nötigten, wie Ruska 1950 ausführt, zu der Einsicht, „daß die Virusarten keine biologische Zusammengehörigkeit zeigen. Sie erwiesen sich teils als makromolekulare Infektionsstoffe, teils als allerkleinste Organismen, teils als Gebilde, für die vorerst nur der unbestimmte Ausdruck Virus zur Verfügung steht.“ „Virus“ sei also kein Begriff der biologischen Systematik, sondern eine „Kollektivbezeichnung“ für verschiedenartige Agenzien. Bis zum Aufkommen der Elektronenmikroskopie hätte man noch Formen der kleinsten Mikroben in den Sammelbegriff „Virus“ eingeordnet. Aber 10 Jahre nach Beginn elektronenmikroskopischer Arbeiten seien alle Kriterien, die sich auf methodische Besonderheiten stützten und als grundsätzliche Grenzen galten, hinfällig geworden (Ruska 1950a: 223).[62]

Besonders bedeutsam war die Einführung der Gewebekulturtechnik, was zunächst nicht bedeuten mußte, daß man um die intrazelluläre Lage der Virusreplikation wußte, die sich mit dieser Technik berücksichtigen ließ. Dieses Verfahren diente zunächst lediglich dazu, das Virus im Gewebe zu konservieren, und sie gestattete anfangs bestenfalls, das Virus in einigen wenigen Kulturpassagen in infektionstüchtiger Form weiterzuführen. Die Weiterentwicklung des Verfahrens ermöglichte dann schließlich die Dauerzüchtung von Virus, die zuerst Forschern gelungen war, die mit der Zellforschung völlig vertraut waren, so Carrel (1925), der bewiesen hatte, daß sich  das Virus des Rousschen Hühnersarkoms in Gewebsexplantaten quantitativ vermehrt und dauernd in Kulturpassagen weiterführen läßt. Aber auch die Vervollkommnung der Züchtungstechniken brachte Probleme mit sich. Eine Unterscheidung der Viren von Bakterien danach, ob eine künstliche Kultivierbarkeit gelingt oder nicht, erwies sich als nicht zuverlässig genug, weil es einige Bakterien gab, die zum Wachstum besonderer Nährböden bedurften, wohingegen manche filtrierbare Erreger wie Mykoplasmen auch ohne unmittelbare Berührung mit lebenden Zellen gezüchtet werden konnten. Man stellte überdies fest, daß einige Virusarten bei Dauerzüchtung an Pathogenität einbüßten und daß Gewebe einige Virusmerkmale unterdrückten. Überhaupt war noch weitgehend unklar, welche Rolle dem Gewebe bei der Virusvermehrung zufällt. So war man sich bewußt, daß eine Einteilung nach der Affinität der Erreger zu den verschiedenen Geweben des Organismus und nach den klinischen Erscheinungen, die sie hervorrufen, nur eine behelfsmäßige sein konnte (siehe Seiffert 1938: 15). Sie war auch einer der ersten Versuche zur Systematisierung der Virusarten, geleitet von der Erfahrung, daß die Ansiedelung der Virusarten im Organismus einer Gewebespezifität zu gehorchen schien (Herzberg 1939: 17). Daß eine Virusvermehrung nur im Explantat gelang, bestätigte die schon vor der Viruszüchtung gewonnene Einsicht, daß zwischen Wirt und Virus sehr enge Beziehungen bestehen müssen. Doch blieb weiterhin offen, ob intra- oder extrazelluläre Virusvermehrung stattfindet. Nach wie vor waren zwei einander ausschließende Interpretationen möglich, entweder daß sich das Virus nach Art eines belebten Erregers von der Zelle ernährt und autonom vermehrt oder daß das Virus ein enzymartiger Stoff ist, dessen Regeneration nur durch die lebende Zelle möglich ist (siehe Hallauer 1938: 368). Die Unsicherheit setzte sich in der Virusforschung etliche Jahre fort. So vertritt Bedson in einer 1950 erschienenen Arbeit den schon früher verbreiteten Standpunkt, daß die verschiedenen Virustypen keine einheitliche Natur hätten. „Where is one to draw the line which is to separate the microbial midgets from the unorganized, nonliving, autocatalytic infective agents ? It is impossible to say be-cause, from the very smallest up to the largest virus, there is an unbroken series, not only of particle size, but also of complexity  of  structure;  on  merges  into  the  next  with  no  clear  indication  of  a  gap  suggesting division of the group“ (1950: 18-19).

Doerr führte 1938 das nach seiner Meinung nicht zu rechtfertigende Festhalten am Verständnis des Virus als einer biologisch homogenen Entität darauf zurück, daß Methoden angewandt werden mußten, „welche mit den Forschungsmitteln der Mikrobiologie nur wenige Berührungspunkte haben; das muß sich schließlich in der Vorstellung auswirken, daß der besonderen und einheitlichen Methodik auch ein besonderes und einheitliches Objekt (also biologisch identi sche oder verwandte Objekte besonderer Art - K.L.) entspricht“, ein Schluß, der um so weniger zulässig sei, als es sich bei den verwendeten Methoden zunächst fast durchwegs um solche handele, die negativ zu charakterisieren seien, wie beispielsweise der Wegfall (licht-)mikroskopischer Untersuchung und die Ausschließung größerer Dimensionen durch die Filtration (Doerr 1938: 98; 13). Und einige Jahre später: Einheitlich sei das Objekt der Virusforschung lediglich durch die für seine wissenschaftliche Durchdringung erforderlichen Mittel, „also in methodologisch-technischer  Hinsicht“,  wenngleich  es  bis  zu  einem  gewissen  Grade  begreiflich  sei, „wenn sich aus der steten Anwendung identischer Forschungsmittel schließlich ungewollt die Vorstellung eines nicht bloß technisch, sondern ... namentlich in biologischer Beziehung homogenen Forschungsobjekts ergibt, eine Vorstellung, die man, wenn sie einmal Wurzel gefaßt hat, nachträglich zu rechtfertigen bestrebt ist, so gut dies eben gehen will“ (Doerr 1944a: 7). Doerr kritisiert in diesem Aufsatz, daß man entweder aus für einzelne Virusarten gültigen Überlegungen Schlüsse auf eine angeblich wesensverbundene Gesamtheit ableite, oder daß man sich nach mehr oder minder hypothetischen Merkmalen umsehe, welche man sämtlichen Virusarten zuschreiben könnte und die als Ausgangspunkte für Betrachtungen über die Natur derselben geeignet  scheinen.  In  jedem  Falle  würde  man  zwecks  generalisierender  Aussagen  von  den Tatsachen abweichen (ebenda, 7 f.).

Daraus, daß die Gruppierungen der Virusarten, wie sie seinerzeit gebildet wurden, letztlich in den angewandten Forschungsmitteln verankert waren, folgt ganz zwingend, daß von Veränderungen der Methoden und Verfahrensweisen die Klassifikation nicht unberührt geblieben sein konnte. Die von Doerr 1944 beleuchtete methodologisch-technisch bedingte Einheitlichkeit des Objektes der Virusforschung wurde mit der Weiterentwicklung bzw. Anwendung neuer Techniken aufgelöst. Mit Wandlungen von Bedingungen der Faktenproduktion, der Spezialisierung, Verbesserung, Veränderung und der Einführung neuer experimenteller Bedingungen bzw. Verfahrensweisen konnten diese nicht mehr wie zuvor als Kohärenzbedingungen - als Bedingungen für die Herstellung von Ähnlichkeitsverhältnissen zwischen den untersuchten Agenzienwirken. [63] In den 30er Jahren kamen deshalb auch immer mehr Urteile zum Stand der Virusforschung auf, wonach man sich mit der Entwicklung  genannter und anderer Verfahren noch weiter von einem allgemeinen Verständnis der Virusnatur entfernt habe, statt sich ihr zu nähern. 1932 äußerte Rivers die Vermutung, daß das  „Virus“ nur eine Sammelbezeichnung für ganz Verschiedenartiges sei, eine Bezeichnung, die sowohl „Mikromikroben“ als auch sehr kleine unbelebte Agenzien umfassen würde. „Die Trennungslinien (wonach Viren von Bakterien, Protozoen usw. geschieden werden konnten - K.L.) sind vielmehr jetzt noch verschwommener, als das um die Jahrhundertwende der Fall war“, so Doerr 1938 (1938: 25 f.).  Und Seiffert im gleichen Jahr: „Virus ist kein wissenschaftlich begründeter biologischer Begriff, wie bisweilen geglaubt wird, sondern nur eine methodisch bedingte Sammelbezeichnung“ (1938: 1). Kausche 1939: „Bei dem heutigen Stande unserer Kenntnis scheint sich durch die Verfeinerung der Forschungsmethoden dieser Sammel-Begriff, Virus‘ dahingehend aufzulösen, daß man nun zu unterscheiden  hat  zwischen  Arten,  die  einem  Lebewesen  mit  den  Eigenschaften  der Vermehrungsfähigkeit, der Atmung und eines eigenen Stoffwechsels ähnlich sind, und solchen, die  offenbar  dieser  Kennzeichen  ermangeln  und  auf  Grund  ihrer  Wirkungsweise  und  Wirkungsbedingungen den Wirkstoffen der chemisch-unbelebten Natur zuzurechnen sind“ (1939: 9f.). Und Blumenberg (1943: 629): „Dem Virusbegriff ist nur mittels des Namens die ihm fehlende Einheit verliehen, die Frage nach der Natur eines Virus muß in jedem Einzelfall von neuem gestellt und beantwortet werden.“ Die Gültigkeit des Konzeptes wurde auf den Prüfstand gestellt, weil die einzelnen Typen von filtrierbaren Viren stark in ihrer chemischen Natur differierten, was dank verbesserter Methoden herausgestellt werden konnte (so ließen sich beispielsweise  mit  der  Perfektionierung  der  Zentrifugen  die  Viren  besser  von  Begleitstoffen trennen und damit chemischen Analysen zugänglich machen).  Man fand heraus, daß viele Pflanzenviren als relativ einfache Nukleoproteinmoleküle charakterisiert werden konnten, wohingegen Tierviren einen komplexen Aufbau zu haben schienen, sich also einem molekularen Konzept zu deren Verständnis entzogen, wie sich Ergebnissen chemischer und physikochemischer Untersuchungen entnehmen ließ (siehe Smadel/Hoagland 1942: 96). Dennoch traf die These, daß sich Pflanzen- und Tierviren in der angedeuteten Hinsicht voneinander unterschieden, nicht nur auf Zustimmung. Daß es beispielsweise nicht gelang, in Blätterauszügen erkrankter Pflanzen Merkmale wie beim Grippevirus zu erkennen, konnte Pirie zufolge auch an den seinerzeit angewandten Verfahren liegen (1946: 575).

Versuche, die Virusphänomenologie auf weitere invariante Merkmale zu fokussieren, um daraus eine stabilere, der „natürlichen Ordnung“ angenäherte Klassifikation zu entwickeln, scheiterten  immer  wieder.  Gewonnene  „Ähnlichkeitsbeziehungen“  zerfielen  immer  wieder  mit weiteren empirischen Fortschritten: Geprüft hatte man u.a., ob sich aus der Analyse der Immunitätsverhältnisse,  der  Immunität  gegen  Virusinfektionen,  der  Antigenfunktionen  (ob  Viren eine bestimmte Antigenstruktur haben, die zur Bildung spezifischer Antikörper Anlaß gibt) und der serologischen Reaktionen der Virusarten invariante Merkmale gewinnen lassen, die sich wesentlich von den Verhältnissen unterscheiden, die man bei anderen übertragbaren Agenzien beobachten konnte. 1928 war von Schultz angenommen worden, daß keine Virusart imstande sei, „komplementbindende“ Antikörper oder „Präzipitine“ zu bilden, und daß die sogenannten „viroliciden“ Immunstoffe die einzige für die Virusarten zugleich charakteristische Antikörperart darstellten (1928;  zitiert nach Doerr 1938: 90 f.). Doch es wurde ermittelt, daß die immunisierende  Kraft  des  Infektionsablaufes  nicht  davon  abhängig  ist,  daß  das  Agens  zu  den Virusarten zählt. Die Bemühungen, aus dem Studium der Immunitätsverhältnisse allgemeine Gesichtspunkte biologischer Natur zu gewinnen, wurden von Doerr (1938: 86) insofern als erfolglos bewertet, als es nicht gelungen war, durchgreifende Differenzen zwischen Virusarten und  anderen  Infektionsstoffen  zu  ermitteln.  Die  Antigenfunktionen  der  Virusarten  ließen grundsätzliche Abweichungen von den Antigenfunktionen anderer Infektionsstoffe bzw. Mikroben nicht erkennen.

Geprüft wurde auch, ob sich Viren von anderen Erregern auf Basis der bevorzugten Wirte abgrenzen lassen. Aber auch in dieser Hinsicht konnten keine grundlegenden Unterschiede ermittelt werden. Es war nicht möglich, Viren nach der Wirtsaffinität zu klassifizieren. Manche Viren ließen sich in mehreren Wirten vermehren,  was zu der Schwierigkeit führte, daß oftmals für das gleiche Virus verschiedene Namen verwandt wurden (siehe Ruska 1950b: 16), andere konnten auch die Fähigkeit verlieren, einen bestimmten Wirt zu infizieren. Ebenso konnte auch ein und derselbe pflanzliche oder tierische Wirt durch zahlreiche Virusarten infiziert werden, die sich in anderer Hinsicht  dimensional, morphologisch, chemisch, serologisch  stark voneinander unterschieden (siehe Fraenkel-Conrat 1974: 11).

Ein weiterer Versuch bestand darin, Viren als eine separate Kategorie von infektiösen Entitäten zu bestimmen. So vertrat 1928 Rivers den Standpunkt, daß die Viren bei ihrem Wirt pathogene Wirkungen hervorriefen, die, obwohl nicht völlig verschieden von anderen Krankheiten, „yet sufficiently different from them in regard to phenomena related to proliferation and degeneration to warrant placing such agents in a group by themselves“ seien. Ausgehend von den als konsistent unterstellten Veränderungen gelangte er zu der Auffassung, daß in Viruskrankheiten ein „intimate type of parasitism exists“   (1928: 111). Ihm konnte später von Bedson entgegengehalten werden, daß sich das, was den  Virusarten gemeinsam sei, auf der Ebene der virusbedingten Krankheiten nicht finden lasse:  „ ...there is no fundamental difference in the clinical and epidemiological be-haviour of the diseases caused by these viruses which might lead one to think that some viruses were of an essentially different nature from others“ (Bedson 1950: 19). Auf die Symptomatologie ausgerichtete Einteilungen  wurden  von Andrewes mit  dem Argument zurückgewiesen, daß Viruseigenschaften wie Virulenz, Mobilität und Persistenz zur Begründung einer Klassifikation schon wegen ihrer Variabilität weitgehend ungeeignet seien (Andrewes 1950: 165; zitiert bei van Helvoort 1994a: 216). Ruska hob hervor, daß das, was man auf diese Weise erhalte, keine „systematischen Gruppen“ seien. „Die durch verschiedene Virusarten hervorgerufenen gleichartigen oder ungleichartigen Krankheitssymptome können unserer Auffassung nach weder dazu dienen, größere Virusgruppen zusammenzufassen, noch einzelne Arten in weit auseinanderliegenden Gruppen zu trennen. Erst wo morphologisch gleiche Virusformen vorliegen, können die durch sie hervorgerufenen ungleichen Krankheitsbilder zur Trennung nahestehender Virusarten dienen“ (1950a: 389). Schon vorher war der Symptomatologie eine wesentliche Rolle für die Erklärung der Virusnatur abgesprochen worden, weil es nach deren Maßgabe nur darum gehen könne, nach gemeinsamen Kennzeichen dessen zu suchen, wie die infizierten Organismen auf die Viren reagieren (siehe Gsell 1967).